Donnerstag, 28. Februar 2013

Auf Besuch bei der Digitalen Boheme – auch urbane Penner genannt

Sie schufen sich ihre eigene Lebensform und nannten sich Boheme – ganz analog trafen sie sich in Salon´s und Cafe´s. Sie hatten ihre Zeiten, Themen und kümmerten sich nicht um das bürgerliche Leben. Natürlich beneidet sie das Bürgertum. Wer wollte nicht auch mal Künstler sein oder wie ein Künstler Leben, Arbeiten und Lieben. Irgendwann in den 50/60 Jahren des letzten Jahrhunderts sind sie dann ausgestorben. Ihre Ideen sind geblieben. Die Avantgarde ist Tod. Jeder kann ein Held sein und jeder ein Künstler – und sei es nur für einen Tag.
Die urbanen Penner (Eigenbezeichnung), die sich auch gerne als die digitale Bohème oder intelligentes Leben jenseits der Festanstellung sehen, versuchen dieses Lebensbild wiederzubeleben. Man braucht ja angeblich nix mehr. Keine Aktenschränke mehr oder ein Büro. Alles passt in den Laptop. Es ist eine Entscheidung gegen eine Karriere. Welche Karriere auch immer. Die Einkommenssituation der Generation Laptop ist eigentlich als katastrophal zu bezeichnen – man könnte mehr von Selbstausbeutung sprechen. ¼ aller Selbständigen verdienen unter 1000 Euro in Deutschland. Armut mit Internet und Laptop ist noch lange keine Freiheit. War ein Boehmes leben eigentlich nur in Städten denkbar so gilt dies noch mehr für die digitale Boheme. Ihr Zentrum ist Berlin, so lang dort noch die Mieten billig sind und man Cafés findet, die man sich leisten kann. Ein paar Tausende, die in Cafes sitzen und arbeiten verändern nicht die Welt. Berlin, die Start up Stadt bietet ein Leben als ewiges Start up an. Leben als ewige Baustelle – immer erreichbar, immer verfügbar, ohne Alters- oder Krankenversicherung. Eigentlich perfekte Mitarbeiter für die Beratungsfirmen und global Player dieser Welt, die schon lange nicht mehr verstehen, warum jeder Arbeitnehmer einen eigenen Arbeitsplatz und mehr braucht. Schöne neue Welt – wir haben dich so lange gesucht und jetzt endlich im Internet gefunden!