Dienstag, 4. Oktober 2011

Samstagnachmittag bei der jährlichen VDP Weinversteigerung im Kloster Eberbach im Rheingau.

Von Hattenheim nach Eberbach in 20 Minuten mit dem Auto unterwegs. Per Fahrrad ist das in 10 Minuten zu schaffen. Zwei Hochzeiten und die VDP Versteigerung machen es möglich – der Verkehr steht. Wir fahren trotz zweier aufgestellter Einbahnschilder weiter. Es ist spät am Vormittag und die Verkostung schon lange am Gange. Man muß sich seinen Parkplatz schon verdienen. Letzte Hürde der Parkwächter. Für einen Fotografen und Reporter findet sich immer noch ein Platz.

Die Klosteranlage sauber und rausgeputzt sowie bestens ausgeschildert. Ausschildern, ja das können wir Deutsche gut. Alles an seinen Platz und jeder Ort hat seinen Namen. Spätsommerlich heiß begegnet man ihnen wieder, den Sandalenträgern mit oder ohne weißen Socken, halb oder ganz lang die Sommerhose, bunt und halb lang der Hemdsärmel. Die Familie im Schlepptau und die Digitalkamera dabei. Ist der deutsche Papst nicht in Freiburg? Nein feierlich christliche Stimmung will nicht aufkommen und wir sind zu sehr in Eile. Wir stürmen ins Laboratorium, wo die Weinversteigerung gerade beginnt und werden sofort wieder endschleunigt.

Vorne der Auktionator umrahmt von den Winzer, davor in der ersten Reihe die Konzessionär und wir, das Volk, dahinter. Gut besucht, aber völlig entspannt sitzt man zusammen. Die Rheingauer kennen sich und eigentlich ist man unter sich. Hier ist keine Auktionsstimmung. Kein ah oder oh zu erwarten. Kurze Rudelbildung vor dem Auktionstisch, wenn es ein größeres Los zu verteilen gibt, aber ansonsten konzentriert man sich auf das Glaswein vor sich und seinen Gesprächspartner. Längst sind die Würfel bei der Vorverkostung gefallen: Die Absprachen getätigt. So oder so ähnlich geht das schon seit fast 100 Jahren zu, wobei die Versteigerung mehr zur Folklore geworden ist. Ein Ritual für Winzer und Konzessionär, den man gerne nachgeht. Es ist weniger Verkauf, sondern mehr Marketing. Ein wenig Presse ist da, mir sitze ein ehemaliger hessischer Innenminister gegenüber und der unvermeidliche Dr. Jung, ad was noch mal? ist auch schon in den Gängen gesehen worden.

Zwischen jeder Versteigerungsrunde kommt die Verkostung, die dieses Jahr von einer Tanzgruppe junger Damen aus Gunderloch bei der Nahe, eingeschenkt werden. Ihre Tracht erinnert eher an den Schwarzwald und ist selbst ausgesucht. Der Auktionator, leicht verschwitzt mit Weste und Krawatte, liest eine Geschichte in Versmaß vor. Nicht von Goethe, der doch den Rheingau so liebte, sondern wohl vom Volksmund in den 50jahren, des letzten Jahrhundert. Und so verstaub hört es sich auch an. Moderne findet wo anders statt, auch wenn natürlich hier einige nur für kurze Zeit das Glas gegen ihr Smartphone tauschen. Was bleibt?! Hier findet die Wahrheit noch im Glas statt. Man tauscht sich „analog“ aus und das in einer wunderbaren Kulisse, die man gegen keine 3 D Animation tauschen will. Man kann riechen, man kann schmecken, man kann diskutieren und hoffentlich stirbt das nicht aus.